Mit The Wolf of Wall Street von Martin Scorsese und 12 Years a Slave von Steve McQueen sind bis jetzt zwei richtige Bretter im jungen Kinojahr 2014 gestartet. Die beiden Streifen lassen sich zwar kaum vergleichen, trotzdem denke ich aber, dass Wolf um eine Nasenlänge voraus ist. Scorsese hat mit seinem neuesten Film eine grandiose Metapher auf Drogen, Gier und das Animalische in uns allen geschaffen. Selten fand ich einen Kinofilm gleichzeitig so lustig und trotzdem so erschreckend ernst ist, dass einem zwischendurch das Lachen im Halse stecken bleibt. Für viele geistige Tiefflieger mag Belfort nun ein neuer Superheld sein, doch für mich zeigt Scorsese deutlich, dass der Börsenwolf kein Held ist. Der Exzess wird solange in bunten Bildern zelebriert, bis man genug davon hat. Eine Routine an Ausnahmesituation sozusagen. Und genau wie uns als Betrachter die endlosen Party-Szenen irgendwann zum Halse heraushängen, wirken auch die Drogen für Jordan Belfort und seine Börsen-Ganoven irgendwann nicht mehr wie zu Beginn. Ein ziemlich perfekter Film in meinen Augen. Und ich bin kein großer Scorsese-Verehrer. DiCaprio kann sich meinetwegen seinen Oscar abholen, über die Jahre gesehen hat er ihn auf alle Fälle verdient. Seine inoffizielle “Multimillionär-Trilogie” (Django Unchained, The Great Gatsby und The Wolf of Wall Street) hat mich alles andere als enttäuscht. So ähnlich sich die drei Rollen auch sind, Leo schafft es jedem der Charaktere etwas besonderes einzuhauchen. Aber wer weiß schon, was die Academy dazu meint.
Erstaunlich übrigens, wie viel Special Effects so ein “normaler” Film heutzutage hat.
12 Years a Slave ist gänzlich anders im Ton, doch trotzdem können beide Filme getrost in einem Atemzug genannt werden. Während Scorsese Wall Street-Spektakel für fünf Goldmänner nominiert ist, darf das Sklavereidrama sogar auf neun Academy Awards hoffen. Die Darbietungen der Schauspieler sind durch die Bank gut. Benedict Cumberbatch und Michael Fassbender in einem Film zu sehen ist ein Genuss. Trotzdem hätte ich mir für beide noch mehr Screentime gewünscht, einfach um dem Schauspiel noch länger zusehen zu können. Auch Hauptdarsteller Chiwetel Ejiofor überzeugt als Mann, der einfach nur Überleben möchte um an sein Grundrecht als freier Mensch zurückzukommen. Beängstigend ist zu sehen, wie sich “zivilisierte” Personen mit falschem Weltbild verhalten und sich gegenseitig die grausamsten Dinge antun. Auch hier ist eine parallele zu Wolf of Wall Street zu erkennen. Das Misshandeln und Ausnutzen anderer Menschen, tut man nicht nur seinem Gegenüber an – früher oder später kommt es auf einen zurück. Egal ob in Form von Drogenabhängigkeit, einem traumatisiertem Gewissen oder schlichtweg durch das Gesetz. Beide Filme zeigen, wohin Egoismus und mangelndes Mitgefühl führen. Während man in Wolf of Wall Street manchmal noch gern Teil des Geschehens wäre, möchte man bei 12 Years schon von Beginn an wegschauen, ob des kalten asozialen Verhaltens der Weißen gegenüber den Schwarzen. Im Kino hab ich mich immer wieder nach Tarantino’s Django gesehnt, aber mir wurde klar, dass es ihn leider nie gegeben hat. Dennoch hat 12 Years a Slave, wie der Titel vermuten lässt, so etwas wie ein Happy End. Was mich auch gleich zum einzigen Kritikpunkt bringt. Die Story ist zum Ende hin etwas zu überhastet und ohne großen Twist oder Höhepunkt darf unser Leid geplagter Protagonist nach Hause zurückkehren. Alles in Allem durfte ich in diesem Jahr bereits zwei bewegende Filme nach wahren Begebenheiten erleben.
The Wolf of Wall Street 9,5/10
12 Years a Slave 8/10
PS: Die ikonische Szene mit Matthew McConaughey wird mit Recht in die Kinogeschichte eingehen. Noch in vielen Jahren wird man es Summen hören, wenn man auf Wolf of Wall Street zu sprechen kommt.